Baustile – Der Plattenbau – die Großsiedlungen in der DDR
Obwohl die Plattenbauweise oder auch Großtafelbauweise genannt auch in Westdeutschland zur Anwendung kam (zum Beispiel im Märkischen Viertel, Berlin) werden heutzutage vor allem die großen Wohnsiedlungen der ehemaligen DDR „Platte“ genannt. Sie zeichnen sich durch die Fertigung aus, in der in Massenproduktion fertig gegossene Betonteile für die Decken und die Wandelemente vor Ort nur noch zusammen gebaut wurden. Sie unterscheidet sich von der Stahlskelettbauweise oder der Mauerwerksbauweise darin, dass die Statik allein durch die Betonplatten gewährleistet wird. Diese Art der Fertigung hat den Vorteil, dass ein großer Teil der Bauzeit wetterunabhängig von statten gehen kann. Andererseits muss die Planung im Vorfeld insoweit abgeschlossen sein, dass kaum noch nachträgliche Veränderungen nötig sind. Die Fertigplattenbauweise Wurde also vor allem für die industrielle Massenproduktion immer gleicher Wohneinheiten verwendet und hatte in den 70er bis 80er Jahren weltweit ihren Höhepunkt. Der immense Bedarf an Wohnraum und die stadtplanerischen Konzepte dieser Zeit machten die Plattenbausiedlungen zu Prestigeprojekten sozialvisionären Schwergewichten. Mit der Charte von Athen und den Konzepten des Architekten Le Corbusier wurde die Plattenbauweise mit all ihren egalitären Konnotationen zum Standard vieler kommunaler Bauten. Die Plattenbauweise ist die vorherrschende Neubautechnik in der DDR gewesen. Aus extremem Wohnungsmangel im Nachkriegsdeutschland zog man den Schluß, dass rationalere und effektivere Bauweisen angewendet werden müssten. Seit 1957 wurde diese Art zu Bauen in industrieller Massenproduktion vorangetrieben. Ganze Stadtteile, wie zum Beispiel Halle-Neustadt wurden in Plattenbauweise aus dem Boden gestampft. 1972 wurde das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm beschlossen, mit dem bis 1990 jeglicher Wohnungsmangel behoben sein sollte. Dieses Programm war sehr ambitioniert und verschlang einen großen Teil des Staatshaushaltes. Wohnungen in Neubausiedlungen waren bei der Bevölkerung sehr beliebt. Die Mieten waren durch staatliche Subvention nur geringfügig höher als in älteren Häusern, das Wohnen war komfortabler und das Wohnen in Neubauten kündete von Aufstieg und Prosperität. Im Vergleich zu Westdeutschland konzentrierte sich die ganze Bauindustrie der DDR ausschließlich auf die Massenfertigung von Großsiedlungen. Eigenheime wurden zwar gebaut, waren aber nur durch die Eigeninitiative von Privatpersonen möglich. Individuelle Baumaterialien waren Mangelware, viele Eigenheime wurden nach und nach in Eigenleistung mit Hilfe von Freunden und Nachbarn am Feierabend und an Wochenenden gebaut. Die Situation der Plattenbausiedlungen ist heutzutage ambivalent. Vielerorts sind die Bewohner abgewandert und einige Regionen haben Leerstand zu beklagen. Maßnahmen wie Grundrissänderungen, Sanierung, Auflockerung und Geschoßminderung können diese Entwicklung dämpfen. Gerade die Modulbauweise der Plattenbautechnik macht jegliche Form von Umbau einfach. Dennoch gibt es einige Gebiete, in denen Rückbau und Abriss der Plattenbauten unausweichlich sind. Auch wenn die Großsiedlung und die Plattenbauweise heutzutage nicht mehr betrieben wird, hat dieser Baustil seine Vorteile und seine Berechtigung. Nach wie vor leben hier sehr viele Menschen gerne und können sich nichts anderes vorstellen. Im Moment lebt im Gebiet der ehemaligen DDR etwa 25% der Einwohner in großen Plattenbausiedlungen, im Westen der Nation hingegen nur unter 5% in Großwohnsiedlungen. Mit Blick auf die Wohnraumentwicklung in den deutschen Ballungszentren, wird der Ruf nach Neubau von bezahlbaren Wohnungen immer lauter. Zu welchen Initiativen dies führen und welche Art von Bauen den Bedarf an Wohnraum in Zukunft stillen wird ist noch nicht abzusehen. In jedem Fall bedeuten sowohl der Zuwachs der Städte als auch die demographischen Entwicklungen der Gesellschaft für die Politik große und wichtige Aufgaben, die nicht weiter ignoriert werden dürfen.
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